BNE in der Berufsbildung
Nachhaltige Entwicklung bezeichnet eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation dient, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen einzuschränken, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Oder anders formuliert: Unsere Lebensgrundlagen sollen für die nachkommenden Generationen erhalten bleiben. Zudem zielt sie auf eine weltweite Verteilungsgerechtigkeit.
Bildung spielt in der Umsetzung dieser Leitidee eine wesentliche Rolle: Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) befähigt Lernende, sich aktiv und selbstbestimmt an der Gestaltung von Gegenwart und Zukunft zu beteiligen. BNE zielt auf den Aufbau von Kompetenzen wie beispielsweise vernetztes Denken, Perspektivenwechsel und das Übernehmen von Verantwortung.
In der Berufsbildung verknüpft BNE die konkreten Handlungssituationen eines Berufsfeldes mit den Zielen einer Nachhaltigen Entwicklung. Die Lernenden setzen sich mit Fragenstellungen zu Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft und deren Wechselwirkungen auseinander.
Sie lernen, mit unterschiedlichen Wertvorstellungen, dynamischen Entwicklungen, Widersprüchen und Ungewissheit in einer komplexen, globalisierten Welt umzugehen. Das Ziel: Die Lernenden erkennen, beurteilen und nutzen Handlungsspielräume für eine Nachhaltige Entwicklung.
BNE ist Teil einer attraktiven und zukunftsfähigen Berufsbildung, denn die entsprechenden Kompetenzen sind für das Innovationspotenzial und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft von grosser Bedeutung: Die Arbeitswelt ist zunehmend von globalen Herausforderungen in einem dynamischen Umfeld geprägt; Unternehmen sind an einem sparsamen und effizienten Ressourceneinsatz, an möglichst geschlossenen Stoffkreisläufen und einem fairen und konfliktarmen Handel interessiert; die Kundinnen und Kunden fragen immer mehr nachhaltig produzierte Produkte nach.
All diese Herausforderungen verlangen nach neuen Antworten und nach neuen Kompetenzen. Die Berufsbildung steht deshalb vor der Aufgabe, BNE in allen beruflichen Bildungswegen klar zu verankern, an allen Lernorten umzusetzen und die Lernenden so auf die Herausforderungen in Zusammenhang mit Nachhaltiger Entwicklung vorzubereiten.
Gleichzeitig engagieren sich immer mehr junge Menschen für eine Nachhaltige Entwicklung und möchten vermehrt auch bei der Ausübung ihres Berufs einen Beitrag dazu leisten.
Es bestehen einschlägige Rahmenvorgaben zu BNE, welche national und international abgestützt sind.
Die Nachhaltige Entwicklung und deren Förderung durch den Bund ist ein Verfassungsauftrag (Art. 2, 54 und 73 BV).
2015 hat die UNO die Sustainable Development Goals (SDGs) lanciert, 17 Ziele für eine Nachhaltige Entwicklung. Die SDG sollen bis 2030 global und gemeinsam von allen UNO-Mitgliedstaaten erreicht werden. Die Schweiz engagiert sich aktiv für die Agenda 2030, mit welcher die Umsetzung der SDGs international vorangetrieben wird.
In der Strategie Nachhaltige Entwicklung setzt der Bundesrat folgendes Ziel: «Das Bildungssystem Schweiz […] befähigt (die Menschen), die Bedeutung der nachhaltigen Entwicklung zu erkennen und sich aktiv und reflektierend an ihrer Gestaltung zu beteiligen. [….] Das Handeln der (Bildungs-)Akteure stützt sich auf Eigenverantwortung und Eigeninitiative, Gesellschafts- und Zukunftsbewusstsein sowie auf interaktives und interdisziplinäres Lernen» (Strategie Nachhaltige Entwicklung (2016-2019) des Bundesrats, S. 31) .
Schliesslich misst der Bund dem Thema Nachhaltige Entwicklung auch in der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) 2021-2024 eine hohe Bedeutung zu. Nachhaltige Entwicklung wird in der BFI-Botschaft als transversales Thema hervorgehoben: «Die BFI-Politik trägt in allen Bereichen zu einer nachhaltigen Entwicklung und zur Chancengerechtigkeit bei. Damit leistet sie auch einen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 (…)» (BFI-Botschaft, S. 3684). Die Nachhaltigkeitsförderung wird in der BFI-Botschaft nicht nur als Pflicht, sondern auch als Chance dargestellt, um «…neue Perspektiven zu erschliessen, dadurch die Position der Schweiz als eines der weltweit führenden BFI-Standorte abzusichern und zukunftsfähig weiterzuentwickeln» (BFI-Botschaft, S. 3733).
Um eine Nachhaltige Entwicklung zu fördern, soll nachhaltiges Denken und Handeln stufen- und bereichsübergreifend als transversales Thema in Bildung, Forschung und Innovation integriert werden. Dazu spielt BNE eine Schlüsselrolle als eines der «gemeinsamen bildungspolitischen Zielen von Bund und Kantonen für den Bildungsraum Schweiz» (BFI-Botschaft, S. 3733).
Auch in der Berufsbildung ist BNE als gesetzlicher Auftrag verankert: Das Berufsbildungsgesetz erwähnt im Art. 15 explizit als Ziel der beruflichen Grundbildung die Befähigung der Lernenden, zu einer Nachhaltigen Entwicklung beizutragen.
Spezifisch in Bezug auf die Berufsbildung führt die oben erwähnte BFI-Botschaft 2021-2024 die Bestrebungen an, Aspekte einer Nachhaltigen Entwicklung verstärkt in Berufsentwicklungsprozessen zu berücksichtigen. Dazu stellt sie «die Integration der Anliegen der nachhaltigen Entwicklung bei der Revision von Bildungserlassen in der Berufsbildung» in Aussicht (BFI-Botschaft, S. 3733).
Damit besteht bei den Rahmenvorgaben eine gute Übereinstimmung zu den Zielen von BNE.
Diese Vorgaben gilt es noch besser auszuschöpfen. éducation21 bietet dazu praxisnahe Unterstützung.
BNE in den Lehr- und Bildungsplänen der Beruflichen Grundbildung
Die national gültigen Rahmenlehrpläne der Sekundarstufe II sind – etwa im Vergleich zum Lehrplan21 – nicht sehr detailliert und lassen bei der Umsetzung relativ viel Spielraum. Sie werden von den Kantonen und/oder direkt von den Schulen weiter konkretisiert.
Sowohl im Rahmenlehrplan für den Allgemeinbildenden Unterricht (ABU) als auch in jenem für den Berufsmaturitätsunterricht (BM) gibt es zahlreiche Bezüge zu Nachhaltiger Entwicklung (NE) und Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE). Der Rahmenlehrplan für den ABU verlangt einen interdisziplinären Zugang und fordert besondere Beachtung für das «umfassenden Konzept einer nachhaltigen Entwicklung» (S.18). Der Rahmenlehrplan für die Berufsmaturität enthält sowohl in den fachspezifischen Rahmenlehrplänen als auch in den Richtlinien zum interdisziplinären Arbeiten Bildungsziele für eine Nachhaltige Entwicklung. Schliesslich verlangt auch die Berufsbildungsverordnung (BBV) im Art. 48, dass sich die Berufsbildungsverantwortlichen im Zusammenhang mit der jeweiligen Situation am Lern- und Arbeitsplatz mit Themen wie «Ethik, Genderfragen, Gesundheit, Multikulturalität, Nachhaltigkeit» auseinandersetzen.
Die Rahmenlehrpläne bieten für die Umsetzungsverantwortlichen, aber auch für Lehrpersonen Anknüpfungspunkte, um den Unterricht im Sinne einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung zu stärken.
Auflistung beispielhafter BNE-Bezüge im RLP ABU (2006) sowie im RLP BM (2009)
Neben den Rahmenlehrplänen spielen in der beruflichen Grundbildung die Bildungspläne und -verordnungen eine wichtige Rolle. Sie legen die berufsspezifischen Bildungsziele und –inhalte sowie den Umfang der Bildungsinhalte an den einzelnen Lernorten (Lehrbetrieb, Berufsfachschule, überbetriebliche Kurszentren) fest. (B)NE ist in den Bildungsverordnungen der über 200 verschiedenen Berufe unterschiedlich stark integriert. Die vom SBFI herausgegebene «Orientierungshilfe Nachhaltige Entwicklung in der Berufsbildung» unterstützt die Trägerschaften dabei, auf das Berufsfeld bezogene Kompetenzen im Bereich Nachhaltige Entwicklung zu formulieren. Zudem beraten die Bundesämter BAFU und BFE Trägerschaften in Berufsentwicklungsprozessen bei der Integration von Nachhaltigkeitsaspekten (Fokus Umwelt und Energie). Das BAFU berät und unterstützt auch in weiteren Bereichen der Berufsbildung.
Erklärvideo "Eine Minute BNE I Mode & Konsum"
BNE international: Globales Aktionsprogramm (GAP)
Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz
BNE-Praxismagazin ventuno - Sonderausgabe zur Berufsbildung
BNE-Dossier der Zeitschrift Folio
Broschüre: Nachhaltigkeit 360° - in der beruflichen Bildung
Flyer "BNE in der Berufsbildung" von éducation21
Strategie Nachhaltige Entwicklung (2016-2019) des Bundesrats
Auszug aus der BFI-Botschaft (2021 - 2024)
Orientierungshilfe Nachhaltige Entwicklung in der Berufsbildung
Gastbeitrag bei öbu: Nachhaltigkeit beginnt bei den Lernenden
Corinne Schärer
Leitung Schule
tel +41 31 321 00 19
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