Impulstagung 2025: Inspirierendes Treffen im Zeichen von Zusammenleben und Partizipation
09.12.2025
Gemeinschaft entsteht dort, wo Menschen bewusst Beziehungen gestalten und Verantwortung teilen. An der diesjährigen Impulstagung des Schulnetz21 vom 29. November in Bern kamen rund 160 Teilnehmende zusammen, holten sich in spannenden Referaten und Workshops Inspiration für ein gelingendes Miteinander im schulischen Kontext. In anregenden Referaten, Workshops und persönlichen Begegnungen wurde deutlich: Ein gelingendes Zusammenleben müssen alle Beteiligten gemeinsam und bewusst gestalten, mit Engagement und Raum für gemeinsame Erlebnisse.
Die Impulstagung lebt von ihren «Impulsen» aus der Praxis. Die drei Inputreferate boten den Teilnehmenden in diesem Jahr «viel zu reden» und viel Stoff zum Nachdenken. Sie machten deutlich, dass die Aufgabe der Schule heute weit über den reinen Fachunterricht hinausgeht: Partizipation, Engagement und Beziehungen sind das zentrale Element für ein gelingendes Zusammenleben und Zusammenlernen. Die Schule soll eine Gemeinschaft und als solche Teil der Gesellschaft sein.
Aber was, welche Rahmenbedingungen führen zu einem guten Miteinander? Wie werden alle Beteiligten zu «Mitgestaltenden»? Die Referierenden Stefan Ruppaner, Gründer der Alemannenschule im deutschen Wutöschingen, Wendela Martens, Schulleiterin der Schule St. Karli in Luzern sowie Regula Immler und Mark Riklin vom sbw Haus des Lernens bereicherten die Tagung mit ihren unterschiedlichen Inputs:
Schmetterlingspädagogik: Lernen, das beflügelt
Mit einem flammenden Appell warb Stefan Ruppaner, ehemaliger Schulleiter der Alemannenschule Wutöschingen, für die Schmetterlingspädagogik und gegen einen «Unterricht als Anfang allen Übels». Er zeigte, wie selbstorganisiertes Lernen und Lernen durch Erleben an seiner Schule umgesetzt werden – ohne Klassenzimmer und ohne 45-Minuten-Lektionen. Wesentliche Elemente, die das möglich machen und die er in seinem Referat hervorgehoben hat, sind:
- Selbstorganisiertes Lernen und Lernen durch Erleben
- Miteinander im Gespräch sein
- Begegnungen auf Augenhöhe
- Lehrpersonen als begleitende Coaches und Vorbilder
- Selbstorganisiertes und selbstbestimmtes Lernen: Verschiedene Ebenen der Verantwortung schaffen Freiräume für alle Akteure
- Fokus aufs Lernen statt aufs Lehren: Lehrpersonen, die sich als lernbegleitende Coaches verstehen
- Nicht-formales Lernen im Sinne eines Whole School Approach
- Inputräume statt Unterrichtsräume
- «KI» verstanden als Kindliche Intelligenz, partizipiert an der Weiterentwicklung der Schule – ein grosses, oft unterschätztes Potenzial
Ubuntu: «Ich bin, weil wir sind»
Einen eindrucksvollen Einblick in ihre Schulkultur gab Wendela Martens, Schulleiterin der Schule St. Karli in Luzern. Die Schule lebt eine Kultur basierend auf der «Neuen Autorität» nach Haim Omer, verbunden mit dem schuleigenen Motto «Ubuntu». Der Begriff aus der Bantu-Sprache bedeutet: «Ich bin, weil wir sind». Dieses Leitmotiv prägt die ganze Schule – von Friedenslotsen über das Gotti-Götti-System bis zur sozialraumorientierten Zusammenarbeit. Ein gemeinsam geschaffenes Maskottchen verkörpert Ubuntu: ein bunt gestreiftes Wesen mit Herz über dem Verstand, emphatischen Fühlern und langen Armen für Umarmungen.
ServiceLearning: Lernen durch Engagement
Regula Immler und Mark Riklin führten in den pädagogischen Ansatz des Service Learning ein – ein Lernen, das gesellschaftliches Engagement mit schulischen Kompetenzen verbindet und Jugendlichen ermöglicht, Wirkung zu erzielen. Ein Ansatz, der hervorragend zu aktuellen Debatten über Selbstwirksamkeit und mentale Gesundheit passt: Oft stärkt ein Blick weg von uns selbst die eigene Zuversicht.
Regula Immler investiert im SBW Haus des Lernens in Rapperswil zu Beginn des Schuljahres in die Teambildung. Die Idee, als Gruppe durch gemeinsame Erlebnisse zu lernen, ist auch während des ganzen Schuljahres wiederholt Thema. Regula Immler setzt dabei auf Aktivitäten, die Gemeinschaft erlebbar machen:
- die Komfortzone verlassen (z. B. gemeinsam rudern oder ums Feuer sitzen)
- für alle wirken (Dorfplatz verschönern oder beleben)
- Erfolge feiern und sich Zeit für Schönes nehmen
- Erleben und Selbstorganisation führen zu Lernen durch Engagement
Dabei funktioniert das Entwickeln eines Gemeinschaftsgefühls der Klasse wie eine klassische Teamentwicklung nach der «Teamuhr»:
Gemeinsam mit den Teilnehmenden erkundeten Immler und Riklin unter dem Motto «Vom Ich zum Wir» zudem, welche persönliche Rolle jede und jeder in der Gemeinschaft einnehmen könnte und dabei den eigenen Leidenschaften folgen. Oder ganz nach Aristoteles: «Dort, wo die Bedürfnisse der Welt und deine Talente sich kreuzen, dort liegt deine Berufung.» Daraus entstanden viele wunderbare Beispiele für Rollen abseits bestehender Berufs- und Funktionskonzepten: die Chaosflüsterin etwa, die hilft den Alltag zu strukturieren und wieder den Überblick zu gewinnen, der Karaokemotivator, der Menschen zum gemeinsamen Singen bringt, der Lauschkonditor, der backend Menschen zuhört, die Koordinationsfee, die kreative Begegnungsorte für Leute in der Gemeinde erschafft, die Sehhelferin, die Menschen das Schöne in ihrem Leben zeigt oder der Naturfunkenentfacher, der Begeisterung für die Natur in Kindern weckt.
Der anschliessende Austausch in einem «Speak-Dating» bot Raum für persönliche Begegnungen, fachlichen Austausch und Vernetzung, eines der Kernanliegen des Schulnetz21.
Workshops: Vielfalt erleben
Am Nachmittag vertieften die Teilnehmenden ihr Wissen in verschiedenen Workshops – von Design Thinking über Service Learning bis zu Rassismusfreie Schule – Annäherung an eine Vision. Auch hier zeigte sich: Partizipation und Gemeinschaft sind zentrale Pfeiler zeitgemässer Schulentwicklung und in unterschiedlichen Lernsettings wichtig.
Die Tagung machte Mut, Schule weiterzudenken – vom Ich zum Wir, vom Einzelnen zur Gemeinschaft. Vielen Dank an alle Teilnehmenden, Input-Gebenden und unterstützenden Organisationen.
Wir freuen uns bereits auf die nächste Impulstagung am 28. November 2026!