Das Bestreben, nach dem Vorbild der Natur zu produzieren

Text: Myriam Brotschi Aguiar

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Kreislaufkosmos im Emmental

Die Vögeli AG in Langnau im Emmental nimmt in Sachen Kreislaufwirtschaft eine Pionierrolle ein: Sie ist weltweit die erste Druckerei, die mit dem Cradle-­to­-Cradle®­-Goldzertifikat ausgezeichnet wurde.

Lieblich ziehen sich die Hügel, bewaldet oder gekrönt von ein oder zwei prächtigen Bäumen, bis zur schneebedeckten Alpenkette. Darüber ein strahlend blauer Himmel und Äcker, auf denen schon so früh im Jahr junge Pflanzen spriessen: Ist es diese emmentalerische Idylle, die bei den Eignern der Druckerei Vögeli seit Generationen ein ausserordentliches Bewusstsein für die Kreisläufe der Natur hervorgebracht hat? Markus Vögeli, der die Firma gemeinsam mit seinem Bruder Renato leitet, betont die Vorbildfunktion, die der Vater diesbezüglich eingenommen habe: So sei er nie anders als mit dem Velo zur Arbeit gefahren. Dies zugunsten der Umwelt und der persönlichen Gesundheit.

Heute betritt man bei der Druckerei Vögeli einen eigentlichen Kreislaufkosmos. Das Unternehmen hat Nachhaltigkeitsdenken in allen Bereichen des Firmenalltags eingewoben. Bereits vor 15 Jahren wurden Filter installiert, um Prozesswasser möglichst lange im Kreislauf zu halten. Die Produktion läuft zu 100 % mit Ökostrom, und die Produktionshalle wird mit Grundwasser klimatisiert. So spart die Druckerei im Vergleich zu einer herkömmlichen Kältemaschine 96 % Strom. Weiter entsteht durch den Kühlprozess Abwärme, die wiederum zum Heizen benutzt wird. Ausserdem wird der kontrollierte Verbrauch aller Materialien gefördert und gefordert.

Nicht weniger umweltschädlich, sondern unbedenklich

Vor allem aber werden für den Druck ausschliesslich Substanzen verwendet, die sich sicher in den biologischen Kreislauf zurückführen lassen. Dafür wurden sämtliche Inhaltsstoffe auf umwelt- und gesundheitsrelevante Risiken untersucht und bei Bedarf ersetzt. Dies führt dazu, dass Papier, Farben und Zusatzstoffe so beschaffen sind, dass ein ganzheitliches Recycling möglich ist.

Hier unterscheiden sich die Methoden und Vorgaben des Cradle-to-Cradle®-Prinzips von den bisherigen Anstrengungen, weniger umweltschädlich zu produzieren. Denn im herkömmlichen Altpapierrecycling bleiben nach der Trennung des Zellstoffes 30 % weitgehend giftigen Schlams zurück. Beim Cradle-to-Cradle®-Prinzip gibt es keinen Abfall. Wie in der Natur bleiben alle Substanzen in den Kreisläufen enthalten.

Markus Vögeli: «Wir sehen uns als Vorreiter. Unsere Passion ist es, tagtäglich unter Beweis zu stellen, dass es möglich ist, mit unbedenklichen Materialien qualitativ hochstehende Druckerzeugnisse herzustellen. Denn Ökologie darf nicht mit einer Einbusse von Komfort oder Qualität einhergehen. Nur so ist es möglich, sein Produkt im Markt zu platzieren.»

Diese Rechnung geht auf. Sowohl bestehende Kunden als auch neue – Non-Profit-Organisationen, Start-ups oder Marken, die für ihre Nachhaltigkeitsprodukte einwandfreie Verpackungen wünschen – schätzen das Angebot des nachhaltigen Druckens.

Wissensvermittlung zum Cradle-­to­-Cradle®­-Prinzip

Vorleben, thematisieren und learning by doing: So werden die 50 Mitarbeitenden der Vögeli AG an die Methoden und Abläufe des Cradle-to-Cradle®-Prinzips herangeführt. Zu ihnen gehören aktuell auch die 14 Lernenden in den Berufen Informatiker/in, Mediamatiker/in, Medientechnolog/in (früher Drucktechnolog/in) und Printmediaverarbeiter/in.

«Die Kreislaufwirtschaft in ihren Grundsätzen wird sowohl im berufskundlichen als auch im allgemeinbildenden Unterricht behandelt», so Martin Rescheleit, Berufsgruppenleiter Medientechnologie bei der Schule für Gestaltung Bern und Biel. «So müssen die Lernenden unter anderem ihren Lehrbetrieb hinsichtlich Kreislaufwirtschaft analysieren. Leider gilt das noch nicht für das Cradle-to-Cradle®-Prinzip, weshalb wir mit den Lernenden die Druckerei Vögeli AG besuchen.» Für sie und andere interessierte Gruppen führt Markus Vögeli entsprechende Führungen durch.

Ihr Kontakt: Markus Vögeli

Praxisbeispiel Vögeli AG

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