Konsumkompetenz der Generation Y

Über Jahrzehnte prägte Professor Klaus Hurrelmann die Sozialisations- und Bildungsforschung in Deutschland. Im Gespräch mit «ventuno» macht er Schulen Mut, durch konkrete, handlungsorientierte Projekte die Konsumkompetenz von Jugendlichen zu fördern.

Nie hatten junge Menschen in den verschiedenen Lebensbereichen ein solches Überangebot an Wahlmöglichkeiten zur Verfügung. Sie gehören zur Generation Y. Es ist die Generation der 15- bis 30-Jährigen, eine Generation von «Digital Natives» mit guter Ausbildung, deren Lebenswirklichkeit sich fundamental von derjenigen früherer Generationen unterscheidet. Es zeichnet sie aus, dass sie sich das Leben nach eigenem Bedarf zurechtlegen und skeptisch sind gegenüber hierarchischen Strukturen. 60 bis 70 Prozent der jungen Leute zählen dazu. Die Ypsiloner setzen in ihrem Alltag pragmatisch und realitätsorientiert auf Partizipation und Mitbestimmung.

Herr Hurrelmann, Sie malen in Ihrem neuen Buch «Die heimlichen Revolutionäre: Wie die Generation Y unsere Welt verändert » ein positives Bild der heute 15- bis 30-Jährigen. Wie sieht die Welt nach der heimlichen Revolution aus?
In der Familie sind buntere Familienformen selbstverständlich. Dem Kind gegenüber wird aber nach wie vor eine sehr verbindliche Haltung eingenommen. Im Beruf werden die Hierarchien flacher. Die jungen Leute haben den Anspruch, die Arbeitswelt direkt zu beeinflussen, Spuren zu hinterlassen und selbstständig eigene Projekte zu verwirklichen. Ebenso gestalten sie den Freizeitbereich, indem sie mehrheitlich souverän und konzentriert mit den elektronischen Medien umgehen. Im politischen Leben jedoch suchen die Ypsiloner noch. Sie sind nicht zufrieden mit den heutigen Formen der Beeinflussung von gesellschaftlichen Verhältnissen. Partizipation ist ihnen auch hier sehr wichtig.

Und in der Schule?
Die Rolle der Lehrperson wird sich ändern. Sie wird nicht mehr dirigieren und Autorität ausüben. Vielmehr wird sie wie ein Coach anleiten und viel Freiheit für Eigenaktivität und Selbstständigkeit lassen. Da werden sich Lehrer/-innen und die jungen Leute auf einer gleichen Ebene gegenüber stehen. 

Welche Werte leiten die jungen Erwachsenen?
Die Weltwirtschaftskrise 2007/08 hatte auch für die Generation Y materielle Einbussen zur Folge. Das erklärt die Rückorientierung auf Fleiss, Ordnung, Disziplin und Sauberkeit. Es ist eine Generation, die stark auf ihr persönliches Interesse und ihre persönlichen Bedürfnisse achtet. Ältere halten die Ypsiloner deshalb oft für egozentrisch und nur auf sich selbst fokussiert. Das ist nicht falsch, aber es ist ihre realitätsorientierte und sehr pragmatische Überlebensstrategie.

Setzt sich die Generation Y auch für eine Nachhaltige Entwicklung ein?
Nehmen wir Stephanie als Beispiel, eine Studentin aus Aachen. Sie und ihre Mitstudierenden ärgern sich darüber, dass der Fahrradverleih der Deutschen Bahn im Winter eingestellt ist, weil davon ausgegangen wird, dass man dann nicht Fahrrad fahren kann. Es ist jedoch ein milder Winter. Deshalb gründen sie einen eigenen Fahrradverleih mit Elektrofahrrädern. Dieser ist ganz modern organisiert mit elektronischer, über Smartphone abrufbarer Steuerung. Die Student/-innen zeigen damit soziales Engagement und unternehmerisches Handeln mit umweltpolitischer Bedeutung.

Interview komplett (Praxiszeitschrift ventuno)

Gast

Prof. Dr. Klaus Hurrelmann | Universität de Bielefeld (D)
 

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