Zusammenleben
Workshops zur Stärkung des Zusammenhalts zwischen Schülerinnen und Schülern
Kurzbeschrieb
Ausgehend von der Beobachtung, dass die Gewaltbereitschaft in der Schule zugenommen hat, organisierten Schülerinnen und Schüler von 10 Klassen gemeinsam zwei Vormittage. Das ist der schöne Erfolg des Projekts «Vivre ensemble» (Zusammenleben), das am Standort Court-Champ C der Primarschule von Echallens durchgeführt wurde. Hier wird dem Schulklima ein hoher Stellenwert eingeräumt: Achtmal pro Jahr werden 1 bis 2 Lektionen darauf verwendet, innezuhalten und sich gemeinsam einer Aktivität für das Zusammenleben zu widmen. Die behandelten Themen stehen in enger Verbindung zu den Anliegen der Schülerinnen und Schüler, während die Aktivitäten den konstruktiven Austausch fördern.
Bildungsziele
- Zum schulischen Erfolg und zur Qualität der Bildung beitragen.
- Ein harmonisches Schulklima aufbauen, indem der Klassenzusammenhalt gefördert und das Zugehörigkeitsgefühl zur Schule gestärkt wird.
- Gewalt und Konflikten vorbeugen, indem Meinungsverschiedenheiten auf konstruktive Weise gelöst werden.
- Die vorgeschlagenen Aktivitäten mit dem Alltag der Schülerinnen und Schüler verknüpfen, sie zum Nachdenken über Werte und zum Meinungsaustausch anregen.
- Schlüssel (Ratschläge, Methoden etc.) vermitteln, um respektvoll mit anderen interagieren zu können.
- Die Selbständigkeit der Schülerinnen und Schüler fördern, indem sie aktiv in die Vorbereitung der Workshops einbezogen werden.
Besondere Stärken
- Zeitfenster, die ausschliesslich für das Projekt reserviert sind
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Die Aktivitäten werden über das gesamte Schuljahr hinweg geplant und die Termine im Voraus festgelegt. Auf diese Weise werden die Regelmässigkeit und die Weiterverfolgung gewährleistet. Die Tatsache, dass diese Zeitfenster reserviert sind und alle Klassen gleichzeitig an den Workshops teilnehmen, verstärkt den Stellenwert, der den darin vermittelten Werten eingeräumt wird.
- Das Projekt ist langfristig angelegt
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Das Projekt wird über die vier Jahre des Zyklus 2 umgesetzt, was die Kontinuität für alle Schülerinnen und Schüler sicherstellt. Das langfristig angelegte Konzept dieses Projekts, das 2017 gestartet wurde und 10 Klassen umfasst, garantiert seine nachhaltige Wirkung. Die Wiederholung von Aktivitäten, die dem Zusammenleben gewidmet sind, verbessert den Zusammenhalt zwischen den Schülerinnen und Schülern.
- Zustimmung und Engagement der Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen
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Gearbeitet wird in Form von Workshops, die allen Kindern die Möglichkeit geben, sich gleichermassen zu beteiligen. Der letzte Workshop, der von den Schülerinnen und Schülern selbst gestaltet wird, stellt den Abschluss des Projekts dar. Dass alle Lehrpersonen des Schulhauses teilnehmen, ist wichtig. Sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrpersonen haben Spass daran, diese Workshops miteinander zu erleben, was das Gefühl der Zusammengehörigkeit stärkt.
- Sich Zeit für die Pflege des Zusammenlebens zwischen Schülerschaft und Lehrpersonen nehmen
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Das Projekt «Vivre ensemble» vermittelt den Schülerinnen und Schülern eine wichtige Botschaft: Ihre Lehrpersonen nehmen sich Zeit, um sie besser kennenzulernen, mit ihnen zusammen zu sein und den Klassenzusammenhalt zu fördern. Man kann von den Schülerinnen und Schülern nicht verlangen, dass sie zusammenarbeiten, kooperieren und miteinander auskommen, ohne ihnen Gelegenheit zu geben, diese Fähigkeiten zu üben.
- Verzicht auf die Forderung nach Leistung
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An diesen Workshops erinnern sich die Lehrpersonen daran, dass ihre Rolle über das Vermitteln und Bewerten von Wissen hinausgeht. Die Schülerinnen und Schüler schätzen diese weniger schulischen Momente nicht nur; sie zeigen sich auch offen und aufnahmebereit. Dies ist auch eine Möglichkeit, Abstand von der Hektik des Alltags und vom Notendruck zu nehmen.
Planung und Durchführung
- Im Vorfeld: Treffen vereinbaren und freiwillige Lehrpersonen finden
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Über das ganze Schuljahr verteilt werden im Rahmen des regulären Stundenplans acht Treffen angesetzt, die jeweils eine bis zwei Lektionen dauern. Während dieser Lektionen widmen sich alle beteiligten Klassen gleichzeitig einer Aktivität im Zusammenhang mit dem Zusammenleben. Durch die feste Einplanung der Termine wird verhindert, dass das Projekt hinter anderen Aufgaben zurückbleibt und nach der ersten Begeisterung zu Beginn des Schuljahres vergessen geht. Die Schulleitung wird im Vorfeld konsultiert und genehmigt die Zeitfenster, die für das Projekt reserviert werden sollen.
Das Projekt setzt voraus, dass es von Lehrpersonen getragen wird, die ihre Kolleginnen und Kollegen durch ihr Beispiel zum Mitmachen motivieren. Zudem sind Absprachen und einige Planungssitzungen mit den Kolleginnen und Kollegen erforderlich. - Die Aktivität vorbereiten
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Die behandelten Themen eröffnen eine Diskussion über Probleme und Fragestellungen, mit denen die Schülerinnen und Schüler in ihrem Alltag konfrontiert sind, wie etwa Geschlechterstereotypen, Cybermobbing, Gruppeneinflüsse, übermässiger Kleiderkonsum usw. Die Themen werden flexibel und je nach Kontext und aktuellen Anregungen ausgewählt – einige auf der Grundlage der Aktivitäten des Lehrmittels «Grandir en paix», andere ausgehend von einem inspirierenden Film oder einer Ausstellung. Die Auswahl ist bewusst breit gefächert. Alle Lehrpersonen bringen ihre Ideen ein und greifen dabei auch auf Befragungen in ihren Klassen zurück. Es werden Ziele für die einzelnen Sequenzen festgelegt, z. B. in einer Mobbing-Situation die drei beteiligten Akteure benennen zu können: Mobber/Mobberin, Opfer und Zeuge/Zeugin. Bei der Vorbereitung wird festgelegt, was man aus dem Workshop mitnehmen möchte und in welcher Form. Dabei kann es sich um eine Tafel handeln, die im Schulzimmer aufgehängt wird, einen Korb, aus dem die Schülerinnen und Schüler ein kleines Andenken ziehen usw.
- Die Aktivität durchführen
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Die ersten sieben Workshops werden von den einzelnen Lehrpersonen für ihre Klasse durchgeführt und gestaltet. Der letzte Workshop wird von den Schülerinnen und Schülern in der Form einer «Kompetenzen-Rallye» organisiert. Dabei werden jeder Klasse zwei Fächer zugewiesen, so dass alle Fächer des Westschweizer Lehrplans PER vertreten sind. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich zwei Aktivitäten für ihre Kolleginnen und Kollegen ausdenken und vorbereiten. Sie können dies auf ganz freie Weise, während der Schulzeit und mit Hilfe der Lehrpersonen dieser Fächer tun. Die Klasse von Herrn Gfeller beispielsweise bereitete in den Fächern Bildende Kunst und Geografie zwei Aktivitäten vor und überprüfte dann, ob sie funktionieren. Als Erinnerung an diesem Aktivitäten wurden danach Tafeln im Schulzimmer aufgehängt.
Die «Kompetenzen-Rallye» findet in zwei Etappen an zwei verschiedenen Vormittagen statt. Zunächst stellen die Schülerinnen und Schüler der 7. HarmoS-Stufe (7H) ihre Aktivitäten den anderen Kindern der 7H vor, diejenigen der 8. HarmoS-Stufe (8H) ihren Kolleginnen und Kollegen der 8H. In der folgenden Woche präsentieren die Schülerinnen und Schüler der 7H ihre Aktivitäten denjenigen der 8H und umgekehrt. Angeboten werden unter anderem ein Karaoke auf Englisch, physikalische Herausforderungen (z. B. nur mit Blättern und Schere einen möglichst hohen Turm bauen oder einen Geschicklichkeitsparcours kreieren, bei dem sich zwei Elektrodrähte nicht berühren dürfen), ein eigenes Wappen gestalten, gemeinsam ein Filzkunstwerk schaffen usw. - Nach der Aktivität
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Vgl. unten «Wie evaluieren».
Das Projekt entwickelt sich ständig weiter, nichts ist in Stein gemeisselt. Mittlerweile ist es fest in der 7. und 8. HarmoS-Stufe am Standort Court-Champ verankert. Nun soll es in dieser Form auf alle Klassen (Zyklus 1 und 2) der Schule ausgeweitet werden, was bedeutet, dass auch alle Lehrpersonen in das Projekt einbezogen werden sollen.
In Zukunft sollen die Schülerinnen und Schüler noch stärker in die Vorbereitung und Durchführung der Workshops eingebunden werden. Die Workshops mit den Beiträgen der Schülerinnen und Schüler haben sehr gut funktioniert, weshalb diese Variante künftig zweimal pro Jahr angeboten werden soll. Parallel zum Projekt «Vivre ensemble» sind weitere Ideen zur Verankerung der BNE entstanden, so etwa die eines Schulgartens.
Organisation
- Mitglieder
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Das Projekt ist langfristig angelegt und berücksichtigt die persönlichen Ressourcen der Personen, sie sich auf freiwilliger Basis daran beteiligen. Selbst Lehrpersonen, die am Tag des Workshops nicht unterrichten, arbeiten an der Vorbereitung mit, um über die Aktivitäten ihrer Schülerinnen und Schüler informiert zu sein und das Gelernte später reaktivieren zu können. Der PSPS-Beauftragte der Primarschule Echallens leitet das gesamte Projekt und kann sich auf aufgeschlossene Kolleginnen und Kollegen stützen, die bereit sind, sich auf das Projekt einzulassen. Die Schulleitung ist unterstützend. Die PSPS-Delegierten begleiten das Projekt, indem sie beispielweise das benötigte Material bestellen und dazu ermutigen, es zu nutzen. Der Schülerrat wird regelmässig konsultiert.
- Material
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Die Lehrkräfte sind frei in der Wahl der Themen und des verwendeten Materials. Zu Beginn des Projekts wurde das Lehrmittel «Grandir en paix» als Unterstützung verwendet, da es den Werten der Schule entspricht. Nach und nach entwickelten die Lehrpersonen ihre eigenen Aktivitäten in diesem Sinne. Andere Ressourcen sind ebenfalls geeignet, z. B. die Methode «Vers le Pacifique: Für eine Kultur des Friedens» oder Ressourcen, die auf der Webseite von éducation21 zu finden sind. Wichtig ist, dass das ausgewählte Material zum Nachdenken und zur Diskussion anregt, beispielsweise über das eigene Verhalten in sozialen Netzwerken.
- Raumverwaltung
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Die ersten Workshops werden von den Lehrpersonen in ihren Klassenzimmern durchgeführt. Für die letzten beiden Treffen ist es notwendig, alle Räume des Schulhauses zu reservieren und Platz auf den Korridoren zu schaffen.
Pädagogische Methoden
- Workshops, um sich selbst kennenzulernen und besser zusammenzuarbeiten
- Diskussionen ausgehend von einem Film oder einem anderen Medium
- «Kompetenzen-Rallye»
- Schülerrat (20 Klassenvertreterinnen und vertreter)
- Arbeiten in Gruppen
- Kooperative Spiele
Beurteilung
Das Projekt ermöglicht es, in Schlüsselmomenten gezielter an bestimmten fachübergreifenden Kompetenzen zu arbeiten. Insgesamt wurden eine Stärkung des Einfühlungsvermögens, mehr Respekt vor der Arbeit der anderen und eine verbesserte Kommunikation zwischen den Schülerinnen und Schülern beobachtet. Die Lehrpersonen gewinnen letztlich mehr Zeit für den Unterricht, weil ein günstiges Schulklima geschaffen wird. An den beiden Vormittagen, die von den Schülerinnen und Schülern gestaltet werden, zeigen sich diese konzentriert, kooperativ, bewegen sich leise usw. Sie passen ihr Verhalten entsprechend an. Ihre Lehrpersonen signalisieren ihnen Vertrauen, was das Gefühl von Selbständigkeit und das Selbstwertgefühl stärkt.
In diesem Projekt hat die Evaluation einen formativen Zweck.
- Nachbesprechung, Feedback der Schülerinnen und Schüler und des Schülerrats
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Jede Aktivität wird in der Klasse nachbesprochen, wobei alle ihre Meinung frei äussern können. Dasselbe gilt für die Bewertung der Rallye. Nachdem z. B. eine Klasse einen Workshop durchgeführt hatte, der nicht gut funktionierte, weil die Anweisungen missverstanden wurden, zeigte sich der Schülerrat wohlwollend und gab konstruktives Feedback. Die Klasse konnte den Workshop in der folgenden Woche im Prinzip wie ursprünglich vorgesehen, aber mit ein paar Änderungen, noch einmal durchführen. Und dieses Mal funktionierte er gut.
Während des Schuljahres kommt es hin und wieder vor, dass Schülerinnen und Schüler auf einen früheren Workshop verweisen, wenn in der Klasse ein Problem auftritt. Das ist ein Zeichen für die Lehrpersonen, dass die behandelten Themen auf Interesse gestossen sind und von den Schülerinnen und Schülern in andere Kontexte übertragen werden können. - Reflexive Unterrichtspraxis: Learning by doing
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Auch für die Lehrpersonen bietet das Projekt gute Möglichkeiten, ihre Praxis zu verfeinern. Sie haben dabei das Recht, ehrgeizig, aber auch realistisch und bescheiden zu sein; sie können ausprobieren und, falls etwas nicht funktioniert und sie die Gründe dafür verstanden haben, Anpassungen vornehmen.
Herausforderungen für den/die Befragte/n
Die Durchführung eines solchen Projekts erfordert Engagement, und zwar sowohl von der Projektleiterin bzw. vom Projektleiter als auch von den beteiligten Kolleginnen und Kollegen. Die grösste Herausforderung besteht darin, die Kolleginnen und Kollegen vom Mitmachen zu überzeugen. Oft sind sie nicht abgeneigt, geben aber an, dass es ihnen an Zeit oder Motivation, Überzeugung oder Ausdauer mangelt. Einige von ihnen müssen erst sehen und erkennen, dass das Projekt funktioniert, bevor sie sich darauf einlassen können. In der Primarschule Echallens veränderte sich die Wahrnehmung der Lehrpersonen mit den Workshops, in die sie einbezogen wurden, weil sie die positiven Aspekte erkannten und Freude hatten, diese Aktivitäten mitzuerleben.
Nach der anfänglichen Begeisterung, wenn die Zeit neben all den anderen Verpflichtungen knapp wird, ist die Versuchung gross, einen Workshop aufzugeben. In solchen Momenten ist es wichtig, durchzuhalten und zu überlegen, wie man auch in schwierigen Zeiten weitermachen kann. Deshalb ist der Aufbau der Organisation auf der Ebene der Schule wichtig.
Die Aktivitäten werden nach und nach entwickelt. Es gibt keine Garantie, dass eine Aktivität tatsächlich funktionieren wird. Man muss sich also trauen, einfach loszulegen, und darf sich nicht scheuen, den Schülerinnen und Schülern zu sagen, dass man selbst nicht weiss, ob es klappen wird. Denn Nachsicht mit sich selbst und mit anderen ist ein Teil des Zusammenlebens.
Einfach umzusetzen
Das Projekt wurde in den Klassen der 7. und 8. HarmoS-Stufe durchgeführt, lässt sich aber auf alle Schulstufen übertragen, da das Thema Zusammenleben alle Schülerinnen und Schüler betrifft. Unabhängig von ihrem Alter sind ein gesundes Arbeitsklima, gute Beziehungen zu Mitschülerinnen, Mitschülern und Lehrpersonen sowie die Beteiligung an Entscheidungen, die sie betreffen, für den Erfolg aller Lernenden von entscheidender Bedeutung. Der Teil des Projekts, bei dem die Schülerinnen und Schüler die Leitung übernehmen, kann je nach Grad ihrer Selbständigkeit verringert oder ausgeweitet werden. Der Anfang kann bescheiden sein und nur mit 2 oder 3 Klassen umgesetzt werden.
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In Kürze
Übliche Kosten für Schulmaterial, anfängliche Unterstützung durch die PSPS-Abteilung für den Kauf von Lehrmitteln